Ist die gesamte Stoffmenge überhaupt zu bewältigen?
Na klar! Von Herbst 2006 bis Herbst 2008 haben von insgesamt 17.238 Teilnehmern immerhin 16.359 bestanden. Das sind knapp 95%. Dabei ist die Durchfallquote von anfangs 9,8% auf zuletzt 4,9% gesunken - und das bei einer deutlich höheren Teilnehmerzahl. IMPP und Prüflinge mussten sich wohl beide erstmal an das neue Aufgabenformat gewöhnen.
Auch für mich?
Die Chancen dafür stehen ausgezeichnet! Wessen Abitur zur Zulassung zum Medizinstudium gereicht hat und wer zahllose Testate, Klausuren, Progress- und sonstige Tests sowie v.a. das Physikum (eine Prüfung mit immerhin 20% Durchfallquote) geschafft und nun alle Scheinkriterien zur PJ- und Examenszulassung erfüllt hat, dessen wie auch immer gearteter Lernstil kann so verkehrt nicht sein. Außerdem fängst du nicht bei Null an: durch die Semester-Abschlussklausuren und im PJ hast du vieles schon mal irgendwo gelesen, gehört oder gesehen. Übrigens: Teilnehmer der Uni Münster schneiden überdurchschnittlich gut ab (s. Diagramm).
Aber warum fallen dann trotzdem welche durch?
Das Examen zu bestehen ist nicht unmöglich, aber dennoch eine Herausforderung. Dies hat viele Gründe: umfangreicher (jedoch zu bewältigender) Stoff, relativ kurze (jedoch ausreichende) Vorbereitungszeit, Angst vor der Prüfung etc. Hauptgrund sind aber wahrscheinlich die Multiple Choice-Fragen selbst, die nun wirklich nicht jedermanns Sache sind. Sie haben oft weder etwas mit klinischer Relevanz noch mit der Eignung zum Arztberuf zu tun. Trotzdem musst du 60% richtig beantworten, wenn du sicher bestehen willst. Dies hat nicht immer etwas mit Wissen zu tun, sondern viel mit Training. Oft erkennt man dann auch die "Masche" des IMPP, auch wenn du bei einer Frage die Hälfte der angebotenen Antwortmöglichkeiten noch nie gehört hast. Also: kreuzen, kreuzen, kreuzen!
Welche Note kann ich erwarten?
Nachdem die Ergebnisse des allerersten Hammerexamens im Herbst 2006 bekannt wurden, fiel nicht nur die im Vergleich zum "alten" 2. StEx deutlich höhere Durchfallquote auf (knapp 10% vs. ~4%), sondern auch die Verschiebung der Noten, die sich nun eher im 3er- und 4er-Bereich bewegten. Gründe dafür könnten sein: leistungsschwächere Examenskandidaten, eine schwierigere Prüfung oder schlechtere Prüfungsbedingungen (z.B. geringere Vorbereitungszeit, schlechte Vorbereitung seitens der Uni).
Grundsätzlich lässt sich zu Abschlussnoten folgendes sagen: in vielen Studiengängen werden gute Noten inflationär gebraucht und das Notenspektrum nicht ausgeschöpft. Dies hat sich meist im Laufe der Jahre so eingeschlichen und es ist wahrscheinlich nicht so einfach, plötzlich schärfere (gleichzeitig realistischere) Notenkriterien einzuführen (Stichwort: Bewerbung - wie erklärt man das seinem potentiellen Arbeitgeber, wenn die Vorgänger alle eine Eins hatten?). Wenn aber nahezu der gesamte Jahrgang seinen Abschluss mit "gut" oder besser macht, ist die Abbildung der Leistung unrealistisch und letzten Endes auch ungerecht. Man sollte sich überlegen, ob dann auf die Note nicht verzichtet werden kann und einfach "bestanden" oder "nicht bestanden" als Bewertung eingeführt wird. In manchen Studiengängen wie z.B. Jura sind dagegen deutlich schlechtere Noten üblich: mit der Abschlussnote "voll befriedigend" gehört man dort schon zu den besten.
Die Frage ist also, ob die Mediziner-Abschlussnoten früher einfach überbewertet waren und jetzt eine realistischere Abbildung der Leistung stattfindet - oder ob die Kandidaten, die Prüfungsbedingungen oder die Vorbereitung seitens der Uni schlechter geworden sind. Die Antwort hängt wie immer maßgeblich davon ab, wen man fragt. Die Studenten machen das IMPP und die Uni verantwortlich, das IMPP sucht die Erklärung bei den schwachen Studenten und die Professoren wahrscheinlich bei IMPP und Studenten. Vermutlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen.
Erfreulich ist jedoch, dass die Durchfallquote von Mal zu Mal sinkt und gleichzeitig die Noten vermehrt im 2er- und 3er-Bereich liegen (s. Diagramme). Mit der Zeit werden sich die Personalabteilungen schon daran gewöhnen, weniger Einser-Kandidaten unter den Bewerbern zu haben. Die Aussichten, ein passables Examen hinzulegen, sind also gar nicht mal so schlecht und die Berufsaussichten momentan sogar ausgezeichnet.
Soll ich ein Urlaubssemester zum Lernen nehmen?
Das muss jeder selbst wissen. Aber wie der Name schon sagt, verleitet so viel Zeit wahrscheinlich eher zum Urlaub machen. Zudem zehrt die Examensvorbereitung an Nerven und Kräften. Das ganze macht also nicht wirklich Spaß, und eine intensive, aber überschaubare Durststrecke von knapp vier Monaten ("akutes Examen") ist leichter zu bewältigen als ein halbes oder dreiviertel Jahr ("chronisches Examen"). Außerdem sollte man sich nichts vormachen: sechs Monate Zeit bedeuten nicht automatisch, dass man auch sechs Monate intensiv lernt. Aber wie gesagt: das muss jeder selbst entscheiden!
Aber ist die Vorbereitungszeit nicht viel zu kurz?
Wenn du deine Fehltage im PJ gesammelt am Ende des dritten Tertials nimmst und dir einen realistischen Lernplan (inkl. freier Wochenenden) erstellst, kommst du auf ca. 80 reine Lerntage. Hier ein Beispiel für das Examen im Frühjahr (Mitte April): nachdem du in Ruhe Weihnachten und ordentlich Silvester gefeiert hast, beginnt dein Lernplan am 2. Januar. Du nimmst dir anfangs jedes Wochenende und im letzten Drittel der Lernphase zumindest sonntags frei. Dies ist wichtig, damit du Pausen und einen Puffer für den Notfall hast. Und damit du an den freien Tagen etwas nacharbeiten kannst, was unter der Woche liegen geblieben ist. (Das kommt häufiger vor, als du denkst.) Dann reservierst du die letzten zwei Wochen vor der Prüfung für Wiederholung und Kreuzen von Fallstudien und Altexamen.
Wenn du es schaffst, pro Lerntag 30 bis 40 Seiten zu lesen und 80 Fragen zu kreuzen, kannst du z.B. den zweibändigen Exaplan (5. Auflage) komplett durchlesen und hast gut 5.500 Altfragen gekreuzt. Und am Ende kannst du dann noch in Ruhe wiederholen oder mal ein komplettes Hammerexamen kreuzen. Das ist doch schon eine ganze Menge! Wer mag, kann natürlich auch sein Lesepensum zu Gunsten des Kreuzens reduzieren oder gelegentlich an den freien Wochenenden noch etwas tun und schafft dann noch erheblich mehr.
Wem das immer noch viel zu wenig erscheint, kann ja schon im dritten Tertial anfangen zu lernen (was jedoch eher unrealistisch ist) oder sollte vielleicht wirklich darüber nachdenken, ein Semester Auszeit zu nehmen.
Muss ich mein Leben jetzt komplett umstellen?
Natürlich nicht. Auch wenn das Lernen in den nächsten dreieinhalb Monaten einen zentralen Teil deines Lebens ausmachen wird: mehr als vier bis acht Stunden pro Tag (je nach Tagesform) kann man sowieso nicht konzentriert arbeiten. Du solltest dich also nicht überfordern oder unrealistisch hohe Erwartungen an dein Arbeitspensum stellen. Wer noch nie ein Frühaufsteher war, wird in der Lernphase nicht plötzlich um sieben aufstehen, eine Stunde Joggen und dann von acht bis 17 Uhr am Schreibtisch sitzen, um schließlich am Ende des Tages sagen zu können, wie diszipliniert man doch heute wieder war. Das solltest du auch nicht von dir erwarten, denn zusätzlichen Druck und Frust kann man in dieser Zeit überhaupt nicht gebrauchen.
Wer einen anderen Biorhythmus hat und lieber den Morgen verschläft, vormittags Besorgungen macht und erst nachmittags anfängt, um dann bis in die späten Abendstunden am Schreibtisch/PC zu sitzen, macht sicherlich nichts falsch - vorausgesetzt, das Tagesziel wird auch tatsächlich erreicht. Wer kreuzt, hat recht! Du bist schließlich niemandem Rechenschaft schuldig.
Ich komme aber überhaupt nicht voran. Was soll ich machen?
Durststrecken und kleinere Blockaden hat jeder mal. Vielleicht hilft es dann, den Kontakt zu Leidensgenossen zu suchen, mal rauszugehen, sich beim Sport zu verausgaben oder bei Mama anzurufen (je nach Mutter kann das aber auch streng kontraindiziert sein). Auch die ersten drei Teile von Rocky helfen über so manches Tief hinweg. Wer jedoch abgesehen von den obligatorischen Selbstvorwürfen und dem ständig vorhandenen schlechten Gewissen tatsächlich nicht schafft anzufangen, ständig aufschiebt und die Bücher auch nach zwei Wochen noch eingeschweißt auf dem Schreibtisch liegen, sollte sich nicht scheuen, professionelle Hilfe aufzusuchen.
Anlaufstellen sind zum Beispiel:
- Zentrale Studienberatung (Uni Münster): kostenlose psychologische Beratung in Einzel- und Gruppengesprächen
- Nightline Münster: Zuhör- und Informationstelefon von Studierenden für Studierende
Bei leichteren Fällen können auch die Wikipedia-Artikel zu Prokrastination, Zeitmanagement und Getting Things Done weiterhelfen. Letztlich lassen sich die dort vorgestellten Theorien und Methoden knapp zusammenfassen: Just do it!
Warum tue ich mir das eigentlich an?
Gute Frage. Immerhin vereint man doch in der Examenszeit eine ganze Reihe von Risikofaktoren: erhöhter Nikotin- und Koffeinkonsum, überwiegend sitzende Tätigkeit, Schlafmangel, Stress, einseitige Ernährung, Bewegungsmangel, monotone Tätigkeit u.v.m. - was das Auftreten ganz unterschiedlicher Erkrankungen begünstigt: Diabetes mellitus, Herzrhythmusstörungen, Gastritis, Depression, gastroösophageale Refluxkrankheit, Hämorrhoidalleiden, orthopädische Erkrankungen etc. Aber auch, wenn zwischendurch immer mal wieder Zweifel kommen und man am liebsten alles hinwerfen würde: durchhalten, es lohnt sich!
(Laut einer Studie sogar finanziell: Studiengänge wurden darin hinsichtlich der zu erwartenden Bildungsrendite untersucht. Während des Studiums investiert man ja zunächst einmal nur und erst im Laufe der Berufsjahre verdient man etwas. Berechnet man daraus die Rendite [= Gewinn pro investierten Euro], kann man im Medizinstudium eine jährliche Rendite von 13 Prozent erwarten. Zusammen mit Jura, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften gehört Medizin damit zur Spitzengruppe.)
Durchgefallen – was nun?
Wie für alle wichtigen Dinge im Leben gibt es auch für diese Situation kein Patentrezept. Detaillierte Ratschläge können (auch mangels eigener Erfahrung) an dieser Stelle daher nicht gegeben werden und es wird - ganz den Grundlagen der Allgemeinmedizin entsprechend - an einen Spezialisten verwiesen (z.B. Medi-Learn).
Banal, aber nicht unrelevant, ist zunächst die Frage: Bin ich wirklich durchgefallen? Erst wenn die endgültigen Ergebnisse vom IMPP ausgewertet, ungültige Fragen aus der Wertung genommen und die Bestehensgrenze offiziell berechnet wurde, steht fest, ob du bestanden hast oder nicht. Und auch, wenn weniger Fragen als erhofft aus der Wertung genommen wurden, ist damit das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Nachdem der erste Schock überwunden ist, sollten also zunächst alle Mittel ausgeschöpft werden, das Ergebnis anzufechten - insbesondere, wenn du nur sehr knapp gescheitert bist. Wer den Rechtsweg beschreitet, sollte dies so früh wie möglich mit Hilfe eines darauf spezialisierten Anwalts tun (schon allein, damit keine formalen Fehler begangen oder Fristen verpasst werden). Erste Hilfe können die Leute von Medi-Learn geben, die über Erfahrung mit solchen Fällen verfügen und die mit einem entsprechenden Anwalt zusammenarbeiten.
Wenn an der Wertung nicht zu rütteln ist und du endgültig durchgefallen bist, steht erstmal die kritische Analyse im Vordergrund, damit du die gleichen Fehler beim nächsten Versuch nicht wiederholst. Kläre die Frage, was der Grund für das schlechte Abschneiden gewesen sein könnte: Zu wenig Vorbereitungszeit? Zu wenig gekreuzt? Vor lauter Details den Überblick verloren? In den Foren bei Medi-Learn.de finden sich sicherlich Leute, denen ein ähnliches Schicksal widerfahren ist und die Tipps geben können, wie sie sich verhalten und welche Erfahrungen sie gemacht haben.
In jedem Fall solltest du unbedingt zur mündlichen Prüfung antreten! Wenn du diese bestehst, ersparst du dir für den nächsten Versuch eine Menge Stress und hast schon mal die halbe Miete. Wenn nicht, hast du wenigstens Erfahrung gesammelt und kannst diese beim nächsten Versuch gewinnbringend nutzen.
Für den Fall, dass du bereits wiederholt durchgefallen bist und nur noch ein letzter Versuch übrig ist, solltest du dir frühzeitig einen "Plan B" zurechtlegen, damit du bei Eintreten des worst case nicht ganz unvorbereitet bist. Dass die Möglichkeit des Scheiterns in den meisten Lebensentwürfen keinen Platz hat, macht die Sache auch nicht gerade leichter. Dennoch sollte man sich damit auseinandersetzen. Das ist natürlich alles einfacher gesagt als getan...
Wer durchgefallen ist, hat aber sicherlich kein intellektuelles (sonst wärst du nicht so weit gekommen), sondern vielleicht eher ein (lern-)psychologisches Problem. Hier können entsprechende Stellen, wie z.B. die bereits erwähnte Zentrale Studienberatung weiterhelfen.